Wir müssen reden: über Sex! In Social Media, in Podcasts und in Blogs ist gerade ein Hype ausgebrochen um die „Erotic-Blueprints“, unseren ganz individuellen erotischen Bauplan, unseren inneren Kompass für Lust und Leidenschaft.
Denn, oh Wunder, wir sind auch in dieser sexuellen Hinsicht, also bei dem was uns anmacht verschieden. Wir sprechen unterschiedliche erotische Sprachen und damit eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten für unsere sexuellen Beziehungen. In dieser Folge kannst Du entdecken, in welcher erotischen Sprache Du zu Hause bist, wo Dein Partner oder Deine Partnerin unterwegs sind und welche Fremdsprachen Dir vielleicht noch reizvoll erscheinen könnten. Aber Achtung, es könnte kribbelig werden.
Was hat es also mit den „Erotic Blueprints“ auf sich, warum ist das ein Hype und wo kommt das her?
Wenn du dich für Themen wie die Beziehung zu dir selbst und anderen interessierst, geht es dabei immer auch um Entwicklung und persönliches Wachstum. Das Bedürfnis nach Entwicklung ist von Natur aus in uns angelegt und das schließt auch die sexuelle Entwicklung mit ein. Dabei geht es um das Erkennen und Verstehen unserer eigenen tiefsten Sehnsüchte, Wünsche und Leidenschaften. Es geht darum, Türen zu Räumen in uns zu öffnen, hinter denen sich viele reizvolle und lustvolle Entdeckungen verbergen können, aber auch Unsicherheiten und Ängste.
Sex ist ein verletzliches Gebiet, da wir uns nicht nur körperlich öffnen, sondern auch viel von uns und unserer Innenwelt preisgeben. Wenn wir uns für unsere eigene sexuelle Entwicklung öffnen, eröffnet das neue intensive gemeinsame Erfahrungen in unseren Liebesbeziehungen. Genau darum geht es in der „Sexual Wellness“-Dokuserie „Liebe, Sex und Goop“ auf Netflix, in der Paare mithilfe von Coaching besseren Sex und mehr Intimität erleben wollen. Gwyneth Paltrow ist dabei, aber auch die Sexologin Jaiya und ihre entwickelten „Erotic Blueprints“, die den Hype ausgelöst haben.
Ähnlich wie bei den fünf Sprachen der Liebe geht es beim „Erotic Blueprint-Test“ darum, sich in den fünf erotischen Bauplänen wiederzufinden oder sie vielleicht sogar erstmalig zu entdecken. Jaiya hat diese fünf Typen basierend auf ihrer langjährigen Erfahrung als Sexologin identifiziert. Der erste Typ ist der „Energetic Type“, der weniger von direkter Berührung angezogen wird, sondern von sexueller und energetischer Atmosphäre oder Ausstrahlung, von dem, was im Raum oder zwischen Menschen spürbar ist.
Der zweite Typ ist der „Sensual Type“, der sinnlich, wahrnehmend und sensibel ist und eine liebevolle Atmosphäre und Romantik bevorzugt. Der dritte Typ ist der „Sexual Type“, der sich auf Offensichtliches konzentriert, wie Nacktheit, Geschlechtsteile und schnelle Orgasmen. Der vierte Typ ist der „Kinky Type“, der sich von Verbotenem und Düsterem angezogen fühlt. Der fünfte Typ ist der „Shapeshifter“, der in allen Bereichen der Erotik zu Hause ist und sich von allem angezogen fühlen kann.
Es gibt einen Online-Test, der gemacht werden kann, um das eigene erotische Profil in Prozenten anzugeben. Kann man machen, muss man aber nicht! Denn ich finde es vollkommen ausreichend, wenn man einfach mehr zu den fünf „Erotic Blueprint Typen“ weiß, weil man ganz schnell ein Gespür dafür kriegt, wo man sich am meisten hingezogen fühlt, also was einen am meisten anmacht. Deshalb werden wir in dieser Folge auch die fünf Typen durchgehen und dabei auch auf die Licht und Schattenseiten eingehen, die jeder Typ so mit sich bringt. Und natürlich werde ich am Ende auch noch darauf eingehen, was Du dann mit dieser neuen Entdeckung in Deiner Beziehung so anstellen kannst.
Erotic Blueprints- die fünf Typen der inneren erotischen Landkarte
Der sexuelle Typ
Der sexuelle Typ ist sowas wie der Proto-Typ von dem, was wir allgemein unter Sex verstehen und wie wir auch sozialisiert werden. Deshalb sind besonders viele Männer beim sexual Typ zu finden. Und da bin ich gar nicht sicher, ob die wirklich immer von innen heraus so sind, oder ob es eben einfach auch dieses Bild von männlicher Sexualität ist, dass Männern anerzogen und durch Prägung mitgegeben wird.
Was macht den sexuellen Typ an? Nacktheit, Genitalien, Orgasmus, das alte „rein raus“- Spiel, also der Geschlechtsakt an sich, das animalische wenn man so will – das sind einige der Dinge, die der oder die Sexuelle liebt. Denn Achtung: es gibt auch Frauen, die sich zum sexual Type zählen. Nix mit immer artig und romantisch, da kann man sich schon sehr irren, wenn man das glaubt. Der Vorteil für die sexuellen Typen liegt auf der Hand, sie sind leicht zu kriegen, man muss nur auf die richtigen Knöpfe drücken.
Sie kommen super schnell in Fahrt , von 0 auf 100 und da muss man jetzt nicht lange bitten. Das ist eine eher funktionelle Sexualität. So nach dem Motto: „Das funktioniert immer, lass uns das machen. Fass mich da und da an , wir machen uns nackig und los geht’s.“ Es ist einfach und auf das wesentliche fixiert, das ist oft auch der Haken.
Denn hat man eine Partnerin oder einen Partner, der sich zum sexual Type zählt, kann es sein dass man sich reduziert fühlt auf seine Sexualorgane und sich als die Frau oder der Mann, die oder der man ist gar nicht gesehen oder geliebt fühlt. Was natürlich zu Missverständnissen führen kann und es oft auch tut. Weil das wahrscheinlich eine Fehlannahme ist, aus der möglicherweise falsche Rückschlüsse gezogen werden. Und das kann tragisch sein.
Der andere Haken für den sexuellen Typus ist, dass er oder sie sich zu sehr auf die Genitalien und den Orgasmus konzentriert und damit auf dieser riesigen Spielwiese der Sexualität gar nicht alles mitkriegt, was es da links und rechts und oben und unten noch zu entdecken gibt, dass man schleicht weg zu eingeschränkt sein kann und somit eine Menge verpasst. Wenn man zu zielrientiert auf den Orgasmus guckt, kann man sich in falschen Annahmen wiegen: Wir hatten Sex, wir hatten beide einen Orgasmus, also war es auch für uns beide toll! Nein, nicht zwingend.
Der sinnliche Typ
Der sinnliche Typ im Sinne der „Erotic Blueprints“ ist jemand, der oder die von allen Sinnen erregt werden kann. Die Sinnlichen sind im Prinzip genau am anderen Ende des Spektrums im Vergleich zu den Sexuellen. Für Sie muss die Atmosphäre stimmen, sie müssen in Einklang mit dem anderen und der Situation sein. Sie lieben Geschmack und Geruch, eine schöne Umgebung. Man verwöhnt sie am besten mit einem Candlelight Dinner, oder mit Kerzen und Rosenblättern auf dem Bett, mit Streicheln, Federn, Massagen.
Die Sinnlichen lassen sich über sensitive Erfahrungen und Empfindungen anmachen und sie können sich Zeit lassen. Sprühsahne im Bauchnabel, Honig aus der Kniekehle lecken oder stundenlanges Vorspiel, das alles sind Sachen, die die Sinnlichen lieben. Und, sie sind nicht ergebnis-, sondern eher prozessorientiert. Sie lieben das Spiel und die Verführung. Orgasmus ist für sie nice to have, aber nicht das Wichtigste. Wenn Du das hörst, kann es sein dass Du genau das mit der weiblichen Art von Sexualität in Deiner Vorstellung verknüpft hast. Die Frauen, die mögen es romantisch und so, ne? Und da muss ich Dir sagen, Nein- das kann ein fataler Irrtum sein. Deswegen sollte man sich nicht auf konditionierte Mann Frau Stereotype verlassen. Nicht beim Sex und auch in anderen Bereichen des Lebens nicht.
Und natürlich, auf für den Sinnlichen Typ gibt’s eine Schattenseite. Da bei diesen Menschen der Sex, die erotische Vorstellung, das was sie anmacht sehr stark im Kopf stattfindest, ist es auch der Kopf der ihnen manchmal im Weg steht. Wenn irgendetwas nicht passt für die Sinnlichen- die Atmosphäre im Raum, das Licht, sie Stimmung, oder ich bin zu sehr in meinem eigenen Bild über mich gefangen, dass zum Beispiel der eigene Körper nicht schön genug ist für Sex- dann kann es passieren dass nichts mehr geht. Verkopft sein, Selbstzweifel, und Sorgen verhindern definitiv das Einlassen und Loslassen, dass sich fallenlassen, auch das sich gehen lassen können, das so wunderbar am Sex ist. Mein Kopf lenkt mich dann ab.
Der kinky Type
Kommen wir zum kinky Type, oder auch der dirty Type wie ich gerne sage. Menschen mit diesem erotischen Blueprint mögen Tabu-Brüche. Sie mögen es sinnlich verdorben oder schmutzig. Das, was gefährlich ist oder sich nicht gehört, macht sie richtig an. Und diese Tabulosen Leidenschaften können sehr breit gefächert sein. Manche mögen Macht und Unterwerfungsspiele beim Sex, schlüpfen gerne in verschiedene Rollen und leben sich da so richtig aus. Andere mögen Fesselspiele, Schmerzen, Fetisch, beim Sex beobachtet werden, Sex an unmöglichen Orten, Massenorgien, what ever. Es gibt da kaum was, dass es nicht gibt. Wenn es Spaß macht und freiwillig von allen Seiten, why not. Wir sind doch erwachsen, oder? Und der Reiz des Verbotenen hat nun einfach mal ein gewisses Kick-Potenzial. Wie weit man sich da raustrauen will, wenn man sich hier verortet, kann jede oder jeder auf seiner eigenen sexuellen Reise entdecken.
Aber auch beim tabulosen kinky Type gibt’s eine Schattenseite. Das Schamgefühl, dass auftauchen kann. Weil es natürlich im Kopf einen Konflikt geben kann, zwischen dem was Dich heiß macht und anzieht und dem, was Du glaubst wie Sexualität sein sollte. Also dem, was Du gelernt hast, was Deine sexuelle Konditionierung ist. Und dieser innere Konflikt kann natürlich noch mal zusätzlich anfeuern, aber er kann Dich auch hemmen, so dass Du Dich gar nicht richtig traust, dieses verruchte Gelände des Sexes zu betreten, sondern immer schön in Deiner artigen Komfortzone bleibst.
Und eine andere Schattenseite, die ich auch noch sehe. Wenn alles möglich ist, wenn ich immer auf der Jagd nach dem nächsten tabulosen Kick bin, dann bin ich irgendwann so dermaßen überstimuliert und abgehärtet, so dass die Kicks immer krasser werden müssen, weil mich nichts mehr anmacht. Das lässt sich gut beobachten, bei Menschen mit Pornosucht, die dann irgendwann darunter leiden dass sie bei einfacheren sexuellen Signalen gar nichts mehr spüren können.
Der energetische Typ
Der energetische Typ ist, wie es der Name schon sagt eine Person, die die Luft zum knistern bringen kann und die die erotische Spannung zwischen Menschen fast mit Händen greifen kann. Bei energetischen Typen kann enorme sexuelle Spannung durch Worte entstehen, sie spüren Sehnsucht auf energetische Weise, im anderen und in sich selbst. Sie können sogar ohne körperlichen Sex Sex haben oder auch einen Orgasmus. Du kannst energetisch sein, wenn Du allein durch die Anwesenheit einer Person im Raum steil gehst, durch eine Stimme oder auch nur eine Vorstellung. Erotische energetische Menschen sind meist sehr sensibel und wahrnehmend, sie brauchen nicht viel um in Erregung zu kommen, aber es ist oft etwas ganz anderes als sie sich das selbst oder sich das der Partner so vorstellt.
Geht man zu derb oder zu offensiv an sie ran, kann sie das total abturnen, weil dabei die erotische und sexuelle Energie zerstört werden kann. Der Haken an der Sache ist dann auch die falsche oder eine Überstimulation, ein zu derbes unsensibles anpacken. Das lässt ihn ihnen die Leidenschaft regelrecht erstarren und dann können sie auch kalt und abweisend wirken. Das kann zu vielen Missverständnissen und traurigen Erfahrungen führen.
Der Gestaltwandler- Typ, der Shapeshifter
Der Gestaltwandler- Typ, der Shapeshifter der „Erotic Blueprints“ ist der Multi-Tasking Typ. Sie oder er verkörpert das Beste aus allen Welten und kann switchen und sich an alles und jeden anpassen. sinnlich, sexuelle, dirty oder und energetisch- Shapehsifter sind da nicht festgelegt, sie changieren zwischen Möglichkeiten und Gelegenheiten. Sie passen sich an und können damit perfekte Lover sein. Meine Partnerin ist eine Sinnliche? Okay, dann mach ich jetzt hier die total romantische Kullisse: Badewanne, Kerzenlicht, Aromaöl und Liebesfilm. Mein Partner ist der sexuelle Typ? Dann mal los: rein rauf runter raus! Du weißt was ich meine .
Der Schatten des Gestaltwandlers: sie können unersättlich sein und daher Angst haben, zuviel zu sein. Sie machen es recht und kommen manchmal selbst zu kurz. Sie sind zu sehr nach außen orientiert und zu wenig nach innen. Sie geben alles und verhungern manchmal selbst dabei.
Was fang ich an mit der Entdeckung meiner Sprache von Lust und Leidenschaft?
Na, wie geht’s Dir gerade? Hast Du etwas entdeckt auf unserer kleinen Entdeckungstour durch die Welt der „Erotic Bluprints“? Das kann ein guter Hinweis darauf sein, wo Du Dich erotisch/sexuell zu Hause fühlst. Und, wie immer bei Kategorisierungen: sieh das bitte nicht als eine Schublade. Es geht um eine Tendenz- wir Menschen sind nicht starr, wir sind dynamische Wesen, das Leben fließt, es ist in Bewegung. Und so ist das auch in uns. Du wirst vielleicht eine Affinität zu diesem oder jenem Bluprint haben, Dich aber bei einem Typ am meisten zugehörig fühlen.
Und was machst Du jetzt mit Deiner Neuentdeckung? Na ich würde sagen, probiere Dich aus. Und natürlich lohnt es sich, in den Austausch zu gehen mit den Menschen, mit denen Du in Beziehung bist. Vielleicht nutzt Du genau diesen Podcast als Einladung, um mit Deiner Partnerin und Deinem Partner mal in die Erforschung eurer tiefsten sexuellen Sehnsüchte zu gehen? Reden über Sex macht vielen Menschen Angst, aber wenn man das Ganze spielerisch und niedrigschwellig angeht, kann dann auch sehr anziehend und magnetisch werden und eine tiefe Verbindung schaffen.
Vielleicht hört ihr das auch zusammen. Das schafft Mut, vielleicht auch mal eigene sexuelle Wünsche auszusprechen, die sonst nie benannt werden, weil man denkt man könnte den anderen damit verletzen.. Am Ende geht es ja eben um Entwicklung, darum uns selbst zu erlauben, unsere sexuellen Räume zu erweitern und gemeinsam neue Horizonte der Lust zu entdecken. Es führen viele Wege nach Rom und es lohnt sich auch hier die Komfortzone zu verlassen und zu schauen, was es da draußen alles noch so gibt im Reich von Lust und Leidenschaft.
Das wünsche ich Dir, herzlichst, Deine Claudia
- Möglichkeiten, nachzudenkenNovember 7, 2024 by Jacky89! from Germany
Vielen, vielen Dank für die warme Stimme, die einen während des Hörens einhüllt. Die Inhalte sind tiefgründig und sprechen so viele verschiedene und wichtige Bereiche des Lebens an. Das zweiteilige Gespräch mit Dami Charf über Beziehungen und Trauma ist wunderbar gestaltet und bei genauem Zuhören einfach mit viel Wissen von Dami Charf gefüllt und ist letztlich packend. Chapeau für die ganze emotionale Vielfalt!
LINKS AUS DIESER FOLGE:
- Podcast-Folge „Die Sprachen der Liebe“
- Podcast-Folge „Lass uns reden über Sex“
- Podcast-Folge „Wo gehts denn hier zur Leidenschaft?“
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