Warum faule Kompromisse die Beziehung zerstören (Radiosendung)

Was ist schon dabei, wenn man einfach mal nachgibt und den anderen machen lässt, um des lieben Friedens willen? Kurzfristig gesehen bringen faule Kompromisse Ruhe in die Beziehung. Langfristig aber kann sich das Kräfteverhältnis zwischen den Partnern verschieben, mit bösen Folgen. Mehr dazu in diesem Mini-Podcast.


Faule Kompromisse zerstören die Beziehung

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Dass es in Beziehungen Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen gibt, ist das Normalste von der Welt. Das liegt schon allein darin begründet, dass ein Paar aus zwei Menschen besteht. Das bedeutet, dass jeder Partner eine eigene Sicht auf die Welt, auf sich selbst und auf die Situation hat, dass seine oder Ihre Prägungen ganz individuell sind und auch der Umgang mit Konflikten einem ganz persönlichen Muster folgt. Da können schon mal Welten aufeinanderprallen, wenn man aus zwei völlig verschiedenen Positionen auf ein und dasselbe Thema blickt.

Und obwohl das eigentlich vollkommen normal sein sollte, dass zwei Menschen auch zwei Ansichten oder Meinungen über etwas haben können, ist genau dieser Umstand einer der größten Stolpersteine in vielen Beziehungen.

Viele Menschen verstehen es als Angriff auf sich selbst, wenn der Partner oder die Partnerin es wagen, nicht mit Ihnen einer Meinung zu sein. Und dann beginnt der Kampf um das richtige „richtig“, wie ich das scherzhaft in der Paarberatung nenne. Der Andere muss mit allen Mitteln von der eigenen Meinung überzeugt werden. Es geht dann schlicht um die Frage, wer von beiden Recht hat.

Eine Einigung wird erzwungen, unter allen Umständen. Und wir sind sehr einfallsreich in der Wahl unserer Mittel. Es gibt Menschen, die wahre Überredungskünstler sind und Ihren Partner mit Argumenten zuschütten, bis dieser hilflos die Segel streicht und nichts mehr zu erwidern weiß. Andere Menschen verhalten sich bockig oder zickig, manche üben Macht und Druck aus, um sich am Ende durchzusetzen. Es gibt die sturen Bestrafer, die sich in eisiges Schweigen hüllen, bis der andere nachgibt. Es gibt die, die dann einfach Ihr Ding machen und Entscheidungen treffen, ohne den anderen einzubeziehen. Und es gibt die Überangepassten, die nachgeben um des lieben Friedens willen, auch wenn sie sich innerlich verweigern.

Kurzfristig sieht das nach einer Lösung aus. Langfristig können diese faulen Kompromisse die Beziehung zerstören. Denn wenn einer der beiden Partner Recht hat dann heisst das ja auch: der andere ist im Unrecht, sieht alles falsch oder versteht nichts. Langfristig wird das zu einem Riesenproblem in der Beziehung, weil sich immer einer von beiden nicht verstanden, gesehen oder ernst genommen fühlt. Das Kräfteverhältnis ist verschoben. Irgendwann verzeiht man dem anderen das ewige Rechthaben nicht mehr, Resignation tritt ein, die Liebe geht verloren.

Der Ausweg aus diesem Dilemma ist die Fähigkeit, die Meinung des Anderen aushalten zu können. Ich arbeite mit meinen Klienten an wichtigsten Voraussetzung für gelingende Konfliktlösestrategien: der Grundannahme, dass jeder seine eigene Meinung haben darf, auch wenn Sie mir nicht gefällt. Auf diese Weise zeige ich Achtung und Respekt und sehe mein Gegenüber auf Augenhöhe. Es gibt zwei Menschen, mit zwei Meinungen und beide haben aus Ihrer eigenen Sichtweise heraus, also in Ihrer eigenen Logik, recht.

Ich kann niemanden zwingen, sein „richtig“ für mich aufzugeben. Aber ich kann mich für die Sichtweise interessieren, erfragen welche Motivation und welche Bedürfnisse dahinterliegen. Dieses echte Interesse löst oft schon die Kampf- und Abwehrhaltung zwischen den Partnern auf. Und meistens setzt ein großes Staunen ein, wenn die Gedanken und Gefühle meines Gegenübers hinter der Meinung deutliche werden.

Ist dieser Schritt gelungen, kann man über Lösungsvorschläge reden und verhandeln. Ein wichtiger Schritt, den ich eine „dritte Lösung“ nenne. Wie das geht, ist das Thema der nächsten Folge von Leben-Lieben-Lassen.

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