Urvertrauen, Selbstliebe und gelingende Beziehungen- wie Du Dich von emotionalen Abhängigkeiten befreist und zu Dir selbst findest (Podcast)

Beinahe täglich begegne ich dem Thema der emotionalen Abhängigkeit in meiner Arbeit mit Klienten. Wie kommt das? Emotionale Abhängigkeit in Beziehungen ist ein Dauerbrenner, es gibt unzählige Videos auf YouTube zum Thema und die meisten wissen schon, das hat damit zu tun, dass man sich irgendwie mehr selbst lieben müsste. Klar ist das den meisten, aber wie genau soll das praktisch gehen? Obwohl auch viele Klienten, mit denen ich arbeite, theoretisch bestens über das Thema „emotionale Abhängigkeit“ Bescheid wissen, rutschen Sie in Beziehungen dann doch immer wieder in die Falle der Beziehungsabhängigkeit hinein. Man könnte beinahe von einem Suchtverhalten sprechen. Das Thema ist leicht zu verstehen, aber viel schwerer praktisch umzusetzen. Um Dich und alle anderen, die das Thema „Abhängigkeit in Beziehungen“ interessiert, zu unterstützen zurück zu Dir selbst zu finden, habe ich diesem Thema eine weitere Podcastfolge widmen, in der Du erfährst

  • Was ist der tiefere Grund, warum wir in die Falle der emotionalen Abhängigkeit hineinrutschen und zu Beziehungssüchtigen werden, auch wenn die Beziehung sich gar nicht gut anfühlt

  • Wie und warum kann es passieren, dass wir unsere bewussten Beziehungsabsichten und Vorstellungen mit unseren unbewussten Beziehungsmustern sabotieren

  • Wie kannst Du das innere Gefühl Deines Selbstwertes und Deines Selbstvertrauens dauerhaft stabilisieren und so die Grundlage für wirklich gelingende Beziehungen in Deinem Leben schaffen

Mehr dazu kannst Du im Podcast hören.


Selbstliebe und Urvertrauen

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Foto: Moritz Bechert

Kennst Du schon den “Leben-Lieben-Lassen”-Podcast auf Apple Podcasts und Spotify?

Es gibt einen Grund, dass Du Dir genau diesen Artikel liest, oder die Podcastfolge über emotionale Abhängigkeit anhörst. Der Grund ist, es hat irgendetwas mit Dir zu tun, dieses Thema sagt Dir etwas.

Okay, dann lass uns anfangen mit einer Frage: Stell Dir einfach einmal vor, Du könntest Dir selbst begegnen, Du würdest jetzt in diesem Moment an Deiner Tür klingeln und nun triffst Du auf Dich. Lass diese Vorstellung einen Moment lang wirken. Und? Würdest Du Dich mögen, wärst Du fasziniert von diesem Menschen? Was würdest Du über diese Person denken, auf die Du triffst? Wie wirkt sie auf Dich? Würdest Du Dich verlieben oder zumindest angezogen fühlen? Würdest Du eine Beziehung oder eine Freundschaft mit Dir eingehen wollen?

Vielleicht denkst Du jetzt: „Oh Gott, vielleicht fände ich mich ganz nett und freundlich, aber verlieben? Nein, natürlich nicht!“ Das ist es nämlich, was die meisten Menschen auf diese Frage antworten. Sie halten sich für halbwegs okay, akzeptabel irgendwie. Aber besonders, faszinierend, einzigartig, anziehend? Das ist für die meisten zuviel des Guten! Dazu können wir nicht aus vollem Herzen „JA“ sagen.

Aber das ist genau das Dilemma: Wenn wir zu uns selbst nicht wirklich „JA“ sagen können, wieso sollte das dann jemand anders tun? Wenn wir uns nicht für besonders, einzigartig und liebenswert halten mit all unseren Macken, Ecken und Kanten, wieso erwarten wir dann, dass jemand anders uns in unserer Einzigartigkeit schätzt und liebt, dass irgendein Mensch diese ganze Packung haben will, die wir selbst so nicht annehmen können?

 

Wieso sind wir so enttäuscht, wenn unser Beziehungspartner uns nicht bedingungslos liebt, wo wir doch genau das Gleiche mit uns selbst auch tun? Wir selbst glauben irgendwo tief in und drin, wir wären liebenswerter, wenn wir nur schöner, schlanker, reicher, klüger wären und suchen paradoxerweise mit hungrigen Herzen nach Partnern, die uns zeigen sollen, dass wir schon gut genug sind, wie wir sind.

Merkst Du den Widerspruch? Das ist genau der Punkt, an dem wir anfangen, uns abhängig zu machen. Der Partner soll uns etwas geben, dass wir uns selbst nicht geben können. Und genau diese emotionale Bedürftigkeit ist der wahre Grund, also die tiefere Ursache für destruktive Beziehungen, toxische Bindungsmuster, narzisstische und ausbeuterische Beziehungssysteme, in die wir nicht etwa aus Versehen hineinrutschen, sondern uns unbewusst hineinmanövrieren. Ich weiß, das hört sich für Dich vielleicht empörend an: wie, soll ich vielleicht selbst schuld sein, dass er oder se sich so gemein und abwertend zu mir verhält? Natürlich bist Du nicht Schuld im eigentlichen Sinne, weil die meisten von uns nichts von Ihren unbewussten Beziehungsmustern wissen.

Wenn Du in einer schwierigen, leidvollen Beziehung feststeckst, liegt das nicht nur an Deinem Partner, der Dir all das antut. Es hat auch etwas mit Dir zu tun. Das ist eine verdammt harte Wahrheit, das weiß ich. Aber sich die Wahrheit über die Beziehung anzusehen und über das, was wir dazu beitragen, das ist der erste Schritt zur Veränderung.

 

Alles andere sind sogenannte „Opferspiele“ und sie werden Dich nicht weiterbringen. Egal, wie schlimm das ist, was Dir Dein Partner angetan hat oder immer noch antut, das ist nur möglich, weil Du immer noch dort bist, weil Du an etwas festhältst, egal wie schlimm es ist, beinahe so, wie ein Junkie an seiner Droge.

Die Wahrheit dagegen ist: Jeder kann in einer Beziehung nur soweit gehen, wie wir ihn lassen. Wenn Dir in einer Beziehung ein großes Maß an Lieblosigkeit widerfährt, wenn Du Dich abgelehnt oder kleingemacht fühlst, wenn Du emotional oder körperlich ausgenutzt oder missbraucht wirst, dann geht das nur weil Du es immer noch aushältst. Vielleicht glaubst Du an das Gute im Anderen, oder dass Du sie oder ihn retten wirst mit Deiner Liebe, oder Du dass Du Dich nur genug anstrengen musst und alles richtig machen, und dann wird wieder alles gut.

Ehrlich, das ist genauso realistisch wie das Glauben an den Weihnachtsmann. Und auf einer tieferen Ebene Deines Seins weißt Du das auch. Aber in der Realität willst Du es nicht wahrhaben, weil Du dann handeln und für Dich eintreten müsstest, um Dich zu schützen. Und genau das willst Du nicht, weil Du vielleicht Angst hast allein zu sein, verloren zu gehen, es nicht zu schaffen. Dann doch lieber nicht so genau hinsehen und auf das Gute hoffen. Allein auf YouTube finden sich tausende Videos über narzisstische Beziehungen und ich treffe immer wieder auf unglaublich gut informierte Klienten. Sie wissen wirklich alles über Narzissmus und haben ihren Partner längst als Narzissten identifiziert. Detailliert beschreiben Sie mir verletzendste Beziehungsmuster, und erwarten, dass ich sie in Ihrer Opferrolle bestärke.

 

Schließlich können sie nichts dafür, dass Ihr Partner sich so verhält. Das stimmt. Der Partner macht, was er macht. Aber wieso mache ich es mit? Wieso lasse ich zu, dass ich gedemütigt, lieblos behandelt und emotional oder körperlich verletzt werde? Weil ich mich abhängig gemacht habe. Weil mir diese Beziehung, wie schlimm sie auch sein mag, wichtiger ist als ich mir selbst bin. Das ist die unverblümte Wahrheit, die man sich anschauen muss, wenn man etwas ändern will.

Und für dieses selbstdestruktive, abhängige Verhalten gibt es einen Grund. Du hast in Deinem Leben schon einmal Bekanntschaft gemacht, mit dieser Art von Beziehungsschmerz. Es fühlt sich schrecklich, aber vertraut an und deshalb kannst Du nicht loslassen.

 

Mach nie jemandem zu Deinem Ein und Alles, für den Du nicht mehr als eine Option bist!

 

„Ich möchte diese Beziehung, aber nicht um jeden Preis!“. Das ist eine Haltung, an der ich mit meinem Klienten arbeite, die sich emotional verstrickt und verloren haben in einer destruktiven oder toxischen Beziehung. Das beinhaltet ein klares JA zum Anderen und zur Beziehung, aber braucht als Voraussetzung eben auch ein noch klareres JA zu sich selbst und seinen Bedürfnissen, zu seinen Grenzen.

Gelingende Beziehungen finden auf Augenhöhe statt und brauchen neben der Fähigkeit sich einzulassen und zu binden, auch die Fähigkeit mit sich selbst okay zu sein. Erst wenn wir auch mit uns allein sein können, ohne uns einsam und verloren zu fühlen, können wir auch Beziehungen führen, die nicht auf bedürftiger Abhängigkeit, sondern auf Liebe und Freiwilligkeit basieren.

 

Beziehungen können uns bereichern und sind natürlich erstrebenswert. Wir sind Bindungstiere, wir sind keine Einzelgänger. Aber Sie sind nicht die zwingende und einzige Voraussetzung für ein gutes Leben. Sie sind das I-Tüpfelchen darauf, das Sahnehäubchen wenn man so will. Und als Grundlage einer wirklichen, erwachsenen Beziehungsfähigkeit brauchen wir eben auch die grundsätzliche Fähigkeit uns zu trennen. Das ist vielen gar nicht klar, dass Grenzen zu setzen und zu wissen, wann für uns das Ende der Fahnenstange erreicht ist, für uns selbst einzustehen, eine notwendige Bedingung für gesunde Beziehungen ist. Ohne die Fähigkeit loszulassen, haben wir keine Chance, wir bleiben emotional ausgeliefert.

Wieso also schaffen es so viele Menschen nicht, gut an sich festzuhalten und klammern sich stattdessen an den Anderen? Weil, wie Du natürlich auch längst weißt, in uns etwas fehlt wenn wir uns in abhängigen Beziehungen verlieren, was man von außen gar nicht sehen kann: Selbstliebe, Selbstvertrauen und ein gesundes Selbstwertempfinden.

Deshalb werden wir süchtig danach, dass Andere und diesen Mangel auffüllen. Unser Schwerpunkt, unser Fokus ist dann nicht bei uns selbst, sondern außerhalb von uns. Und der Grund dafür ist ein brüchiges Selbstempfinden, basierend auf einem mangelnden Urvertrauen.

Um das wirklich plastisch zu begreifen, verwende ich gerne Bilder und Geschichten. Und dabei vereinfache und verkürze ich gerne, weil das das Verständnis fördert. Ich erhebe also keinen Anspruch auf wissenschaftliche Korrektheit, meine Erklärungen haben auch keinen medizinischen Kontext, sondern dienen der Selbstkompetenz.

Okay, beginnen wir also mit dem Urvertrauen, einem grundsätzlichen Okay-Gefühl für sich selbst und die Welt an sich. „Die Welt ist ein sicherer Ort, alles wird irgendwie gut und wenn nicht, kommt jemand und hilft mir!“ So oder so ähnlich könnte man die Haltung beschreiben, die ein gesundes Urvertrauen ausmacht. Haben wir so ein gesundes Urvertrauen, wirkt sich das wie ein innerer Stabilisator auf unser Leben aus. Wir haben einen inneren Schwerpunkt, eine solide innere Basis für unser Leben.

Wir sind okay und die anderen sind es auch. Ein wunderbares Gefühl. Das Urvertrauen entsteht am Anfang unseres Lebens, in den ersten Lebensjahren. Du kannst es Dir so vorstellen, wie ein Gefäß oder eine Vase, die aufrecht in Deinem Inneren steht. In diesem Gefäß ist Dein Vertrauen in Dich selbst, die Welt und die Anderen.

Haben wir am Anfang unseres Lebens stabile emotionale Bindungen, fühlen wir uns sicher, geliebt und geborgen bei unseren wichtigsten Bezugspersonen, dürfen wir so sein wie wir sind, dann formt sich ein stabiles, ausreichend großes Gefäß für unser Urvertrauen. Es ist wie aus einem Guß und hat einen festen, sicheren Stand.

 

Neben dem Urvertrauen füllt es sich nach und nach mit Selbstliebe, Selbstwertempfinden und Selbstsicherheit. Wenn wir später in die Welt gehen und erwachsen sind und der Wind des Lebens mal rau bläst, dann spüren wir trotz aller Schwierigkeiten eine innere Standfestigkeit, einen Bezugspunkt, eine gewisse Resilienz,  denn wir können auf das zurückgreifen, was unsere Lebensbasis bildet, wir schöpfen Kraft aus uns selbst.

So weit, so schön. Das ist die Theorie. Doch so wie beschrieben ist nicht allen vergönnt. In meiner Arbeit treffe ich sehr viel häufiger auf Menschen mit einem brüchigen Urvertrauen. Menschen, deren Eltern aus den verschiedensten Gründen dieses Urvertrauen dem Kind nicht mitgeben konnten, deren Liebe an Bedingungen geknüpft war, oder die mit sich selbst und ihrem Leben Schwierigkeiten hatten.

Ich gehe immer davon aus, dass die meisten Eltern es so gut machen, wie sie können. Aber sie sind eben auch nur Menschen. Wachsen wir ohne den behüteten Rahmen emotional stabiler und sicherer Bindungen auf, und ohne das Gefühl, geliebt zu sein, so wie wir sind, wird die Liebe die wir als Kind überlebensnotwendig brauchen, an Bedingungen geknüpft, dann bekommt unser Urvertrauen schon einen Knacks, bevor sich richtig ausgeformt hat.

 

Wir haben dann auch so ein Gefäß in uns, dass unser inneres Fundament enthält. Aber das Gefäß hat vielleicht Risse, oder Bruchstücke. Im Laufe des Lebens versuchen wir es selbst immer mehr zu verfestigen, stabiler zu machen und es besteht irgendwann aus vielen kleinen Puzzleteilen, die wir selbst zusammengefügt haben, um Selbstvertrauen, Selbstliebe und Selbstwert in uns halten zu können.

Dieses nachträglich zusammengefügte innere Gefäß kann wunderschön sein, liebevoll zusammengefügt jedes einzelne Teil, aber es hat einen entscheidenden Haken: es ist erschütterungsanfälliger. Wenn das Leben wackelt, wenn um uns herum der Wind des Lebens rauer bläst, dann gerät dieses selbst zusammengefügte Gefäß schneller ins Wanken, es kann sogar umfallen und zerbrechen, der Inhalt kann verschüttet werden oder einfach auslaufen.

Ich hoffe, Du kannst mit diesem Bild etwas anfangen. Und wenn Du auch nicht zu den Menschen gehörst, die ein stabiles Urvertrauen am Anfang Ihres Lebens mitbekommen haben, dann musst Du dem ganzen nicht machtlos gegenüberstehen. Du kannst etwas machen, das ist die gute Nachricht.

Zum Einen kannst Du zur Stabilisierung Deines Gefäßes immer weiter beitragen, indem Du selbstfürsorglich bist und auf Deiner Seite stehst, anstatt gegen Dich selbst zu leben. Und das andere ist: Du wirst lernen müssen, Dich vor Menschen zu schützen, die Deine inneren Schwachstellen für sich ausnutzen wollen. Denn das ist, was in toxischen und abhängig verstrickten Beziehungen passiert.

 

Schließ doch jetzt einmal kurz Deine Augen und stell Dir Dein eigenes, inneres Gefäß vor. Darin enthalten ist Dein Vertrauen in Dich selbst und die Welt, in andere Menschen, Dein Selbstwertgefühl, Deine Selbstliebe, Dein Gefühl für Deine Wirksamkeit und Gestaltungsfähigkeit in Deinem Leben. In meinem Beratungsraum habe ich eigens ein solches Gefäß, das ich meinen Klienten zeige. Ein Foto davon siehst Du oben in diesem Artikel.

Und? Wie sieht es aus, Dein inneres Gefäß?  Zu wieviel Prozent ist Dein Glas gefüllt? 20 Prozent? Ein Drittel? Die Hälfte? Mach Dir keine Sorgen, fast alle Menschen die ich frage sagen mir, Ihr Gefäß sei nur zu einem Drittel voll. Nun streben wir aber alle von Natur aus zur Vollständigkeit. Wir spüren, dass wir mehr davon brauchen, um gut durchs Leben zu kommen. Also versuchen wir mehr von dem zu bekommen, dass wir so dringend brauchen: dem Gefühl, wertvoll, liebenswert und wichtig – kurzum: okay zu sein.

Und bei den Strategien, uns diese wichtigen Grundbedürfnisse, die eigentlich schon am Anfang unseres Lebens hätten erfüllt werden sollen, versuchen wir vorzugehen wie kleine Kinder.

Wie ich schon in meinem Podcast „Das innere Kind und seine Angst“ ausführlich erklärt habe, versuchen wir in unseren Paarbeziehungen unseren Partner dazu zu bringen, uns zu zeigen, dass wir wunderbar, geliebt und wichtig sind. Wir wollen, dass jemand unser Glas füllt, Und so stürzen wir mit unserer Bedürftigkeit in das dunkle, trostlose Loch emotionaler Abhängigkeit. Der Beziehungspartner wird mit der Verantwortung belastet, dafür zu sorgen, dass wir uns glücklich, geliebt und sicher fühlen.

Doch was uns einst Mama und Papa nicht geben konnten, das wird uns nie wieder jemand in unserem Leben in dieser Weise geben können, außer wir selbst- nachträglich. Beziehungen von Erwachsenen sind dafür auch nicht geschaffen. Wir überfordern unsere Beziehungspartner mit der Verantwortung für unser Wohlbefinden.

 

Meistens spürt der Partner diese Verantwortlichkeit auch und will Sie gar nicht haben. Im Schlimmsten Falle verliert sie oder er den Respekt vor uns, weil wir die Macht für unser Lebensglück abgeben, und uns stattdessen in eine kindliche Machtlosigkeit begeben, unter der wir selbst entsetzlich leiden, der Beziehungspartner und die Beziehung aber auch.

Und denk ja nicht, es seien etwa nur Frauen, die sich so klein und machtlos fühlen. Ich erlebe das immer wieder in meinen Sitzungen genauso bei Männern, denen man Ihre Beziehungsabhängigkeit von Außen genausowenig ansieht, wie den vielen Frauen, mit denen ich daran arbeite.

Ein Beispiel aus einer Beratungssituation möchte ich gerne mit Dir teilen. Ein Paar Mitte vierzig kam zu mir, beide sehr angenehme Menschen, gebildet, eloquent, gut aussehend, zwei Kinder, familiär stabile Situation. Von Außen alles prima. Nur mit dem Sex haperte es schon länger. Sie hatte keine wirkliche Lust mehr, wich ihm aus, versuchte das Thema generell zu vermeiden, es zu bagatellisieren. Er dagegen fühlte sich ohne körperliche Nähe nicht geliebt, als Mann nicht wertvoll, er war kreuzunglücklich. Erst kritisierte er, dann bettelte er, er schimpfte, er bockte und er weinte, kurzum er zog alle Register. Sie gab genervt manchmal nach, sie gab ihm „seinen Sex“, damit er Ruhe gab. Es war so eine Art Verpflichtung für sein Wohlbefinden. Sie fühlte sich sehr stark dafür verantwortlich. Das war allerdings nur eine kurzfristige Scheinlösung. In Wahrheit verschlimmerte das sein Leid noch mehr. Als er sie dann eines Tages beim erwischte, wie Sie mit einem Kollegen einen Flirtchat hatte, indem eindeutig sexuelle Anzüglichkeiten eine Rolle spielten, war das Drama perfekt. „Wieso kannst Du dort so frivol sein und mit mir nicht?“, fragte er im Beratungsgespräch. Zuvor hatte er sie zu Hause in Endlosdiskussionen mit ebendieser Frage gelöchert. Und von nun an sah er alle Männer, denen seine Frau begegnete als potenzielle Sexpartner. Seine Eifersucht wuchs ins Unermessliche. Das war der Punkt, an dem das Paar in die Beratung kam. Und dort haben wir Schicht für Schicht die versteckten Beziehungsmuster aufgedeckt, die die beiden in diese unglaubliche Pattsituation gebracht hatte. Inzwischen ist es den beiden gelungen, Ihre wechselseitige Abhängigkeit zu lösen, für die das Sexproblem nur ein Symptom war.

Er hatte sein Selbstwertgefühl als liebenswerter Mensch und begehrenswerter Mann von der körperlichen Zuwendung seiner Frau abhängig gemacht. Sie sollte dafür sorgen, dass er sich okay fühlt. Er forderte die emotionale und körperliche Versorgung quasi ein. Es war eine kindliche Bedürftigkeit, die diesen gutaussehenden Mann für seine Frau leider zunehmend sexuell unattraktiv machte. Sie nahm diese Verantwortung auf sich und fühlte sich zuständig für seine Bedürfnisse. Sie verhielt sich wie eine fürsorgliche Mutter, inclusive der Schuldgefühle, die sie bekam, weil sie keine Lust verspürte. Eine vertrackte Situation. Sie hatte eine Macht, die sie belastete und die sie gar nicht haben wollte, ihr Mann fühlte sich ohnmächtig und gab seine Verantwortung für sein Selbstwertgefühl an sie ab.

Ein klarer Fall von wechselseitiger Abhängigkeit ist der Tod jeglicher Lust, die ja aus der Freiwilligkeit entsteht.

Völlig verzweifelt sagte der Klient in einer unserer Sitzungen den Satz: „Ich möchte auch endlich mal wieder richtig gefickt werden!“ Er wirkte energisch und frustriert, ob dieser gefühlten Ungerechtigkeit. Tränen standen in seinen Augen.

Seine Frau schaute betroffen. Ich machte bewusst eine Pause und ließ den Satz im Raum stehen. Dann spielte ich den Ball auf das Spielfeld zurück: „Wenn Sie mal wieder richtig gefickt werden wollen, dann begegnen Sie Ihrer Frau am besten als der souveräne Mann, der sie sind und nicht wie ein bedürftiges Kind.“ Diese bewusste Konfrontation wirkte wie ein Eisbrecher.  Das war ein Schlüsselmoment in unserer Zusammenarbeit. Von da an gelang es beiden zunehmend besser, sich aus Ihren für Ihre Beziehung ungünstigen Rollen der fürsorglichen Mutter und des bedürftigen Jungen zu lösen.

Der Ausweg aus der emotionalen Abhängigkeit ist immer die Stärkung der Autonomie & ein gesundes Selbstwertempfinden.

Wie also füllst Du Dein Gefäß? Ich bin sicher, Du hast jetzt wirklich verstanden, dass es Dir dauerhaft nichts nützt, wenn Du versuchst Andere dazu zu bringen, Dein Gefäß der Selbstliebe zu füllen. Das musst Du selbst tun, genauso wie ihm mehr Standfestigkeit zu geben, damit es weniger erschütterungsanfälliger ist. Und wie geht das?

Indem Du eine Entscheidung triffst- die Entscheidung Deinen Fokus, Deinen Lebensschwerpunkt in Dir selbst zu verankern. Wenn Du nach diesem Maßstab Dein Leben gestaltest, fragst Du Dich: was würde mir jetzt gut tun? Anstatt: Wie muss ich sein, dass Du mich liebst? Stärke den Bereich in Deinem Leben, der nur mit Dir selbst zu tun hat, unabhängig von der Beziehung: eigene Interessen, eigene Freunde, Zeit für Dich selbst.

Lerne Grenzen zu setzen und Nein zu sagen. Such Dir dafür Unterstützung, wenn es Dir allein zu schwierig erscheint. Frage Dich: was brauche ich eigentlich, um mich mit mir und in der Welt wohl zu fühlen? Was kann ich tun, um mir mehr davon in mein Leben zu holen.

 

Das Entscheidende ist die Wahrheit über Deine Beziehung sehen zu wollen und Deinen eigenen Anteil daran. Höre auf, Dich auf der Opferseite zu sein. Werde zum Gestalter Deines Lebensglücks. Das hast Du verdient, denn es ist Dein Leben!

Versteh mich nicht falsch! Jeder von uns braucht Anerkennung und Wertschätzung. Aber wenn wir bedürftig und süchtig danach sind, weil wir in uns eine innere Leere ausfüllen müssen, dann machen wir uns abhängig und klein. Wir sprechen damit eine Einladung aus an Menschen, die ihre Kraft daraus beziehen, andere zu verletzen.

Wenn wir unser Gefäß aber selbst füllen, lernen uns selbst die Liebe, die Anerkennung, das innere Okay zunehmend selbst zu geben, ist die Faszination Deines  inneren Leuchtens unwiderstehlich und Du bekommst von Außen, von den Anderen noch dazu, was Du innen schon hast. Denn dann strahlst Du aus: ich bin liebenswert und okay, so wie ich bin, und wenn Du mit mir zusammensein möchtest, dann musst Du mich auch so behandeln.

Ich bezeichne dieses Gefühl gerne als Königinnengefühl, und wenn Du ein Mann bist, dann ist es natürlich das Gefühl ein König zu sein. Du bist, Königin oder König in Deinem Lebensreich.

Deine Aufgabe ist es, für Fülle und Frieden in Dir selbst zu sorgen, genauso aber auch Grenzen zu setzen, Aggressoren abzuwehren und gute Verbindungen zu pflegen.

Eigenständig in Verbindung zu sein, dass ist eine gute Voraussetzung für gute Beziehungen, denn es erfüllt unser Bedürfnis nach Bindung genauso wie unser Bedürfnis nach Autonomie. Unser Leben braucht eine Balance zwischen diesen beiden so widersprüchlichen Bedürfnissen. Und von dieser inneren Balance oder Disbalance hängt maßgeblich unsere Fähigkeit ab, gelingende Beziehungen zu führen.

 

Viele von uns müssen das nachträglich lernen, weil die Bindungsmuster, die wir in unseren Herkunftsfamilien gelernt und erlebt haben, uns oft etwas anderes gelehrt haben. Um das besser zu verstehen, müssen wir kurz einen Exkurs zur Funktion unseres Verstandes machen. Unser Verstand ist wie ein Eisberg, der im Wasser schwimmt. Etwa 10 Prozent schauen oben raus. Das ist unser bewusster Verstand, oberhalb der Wasseroberfläche. Mit diesem Teil des Gehirns treffen wir bewusste Entscheidungen, wir wissen wer wir sind und was wir tun, wir können reflektieren, beurteilen, abwägen und Ziele setzen. Dieser Teil unseres Verstandes fasst also die bewusste Absicht, dass wir eine glückliche, gelingende Beziehung haben möchten, die auf gegenseitiger Wertschätzung basiert. Und uns ist klar, dass das unser Wunsch ist und unser freier Wille. Es ist so, als würden wir von unserer Eisbergspitze aus ein Motorboot losschicken und zuschauen, wie es im Hafen der glücklichen Beziehung anlandet.

Leider gibt es da auch noch den Eisbergrumpf, also den Teil unter Wasser, den wir nicht sehen können. In diesem mehr als 90 Prozent umfassenden Unterbewusstsein ist all das gespeichert, was wir oft gedacht und gemacht haben. Unser Gehirn arbeitet unglaublich ökonomisch. Es speichert vertraute Abläufe, also auch Denk-, Gefühls,- und Verhaltensmuster als automatisierte Muster ab und verlagert sie ins Unterbewusstsein. Wenn Du Fahrrad fährst, musst Du also nicht bewusst denken, etwa: jetzt trete ich mit diesem Fuß und dann mit jenem. Du greifst auf das abgespeicherte Muster zurück und das Radfahren wird praktisch im Automatikmodus von Dir absolviert, so bleibt Dein bewusster Verstand, also die 10 Prozent, frei für Aktivitäten, die neu sind und Aufmerksamkeit fordern.

Diese automatischen Denk-, Gefühls,- und Verhaltensmuster übernehmen so oft die Steuerung in uns, bei allem was wir tun, von der Kaufentscheidung bis hin zu unseren Reaktionen auf bestimmte Ereignisse, dass die Neurobiologen geneigt sind uns unseren freien Willen weitestgehend abzusprechen.

Wir denken, dass wir frei wählen- 10 Prozent- werden aber mehr von den unbewussten Programmen des Eisbergrumpfs gesteuert, als uns lieb ist. Auch Deine unbewussten Beziehungsprogramme, Deine Bindungsmuster sind in Deinem Unterbewusstsein zu Hause. Sie entstehen wie gesagt in den ersten Beziehungserfahrungen Deines Lebens, in den Beziehungen zu den Bezugspersonen Deiner Kindheit. Sie prägen sich aus den Erfahrungen in der Beziehung zu Mama und Papa genauso wie aus der Beobachtung der Beziehung Deiner Eltern zueinander. Wir schauen uns ab, was es Liebe bedeutet und was Familie, wie Konflikte gelöst werden und was man tun muss, um geliebt zu sein. Nicht immer sind unser unbewussten Beziehungsmuster deckungsgleich mit dem, was wir uns von einer Beziehung wünschen.

Wenn Du wieder an das Motorboot Deiner willentlichen Beziehungsabsicht denkst, dann stell Dir jetzt einmal ein richtig großes Unterwasserboot vor. Das ist mit eine Schnur direkt mit Deinem Motorboot verbunden. Nur siehst Du es nicht. Es ist ja unbewusst. Und wenn Dein U-Boot eine Steuerung, also ein Beziehungsmuster hat, das in eine andere Richtung zieht, dann kommt Dein Motorboot nie am Zielhafen an.

Die Auswirkung unserer Beziehungsprägungen sind also unglaublich groß und wir wissen so lange nichts von ihnen, bis wir uns damit beschäftigen.

Leider sind diese Beziehungsmuster wie gesagt in unserem Unterbewusstsein verankert, so dass wir an der Bewusstseinsoberfläche gar nicht so viel davon mitbekommen. Diese Beziehungsmuster steuern uns wie ein automatisches Programm, ohne dass wir das wirklich wollen. So passiert es, dass wir ähnliche Beziehungsmuster immer und immer wieder erleben.

Da ist die Klientin, die auf der Suche nach einer glücklichen Beziehung immer wieder an verheiratete Männer gerät und das absolut nicht versteht. Als wir Ihr unbewusstes Beziehungsmuster anschauen, ist das Staunen groß. Die „Unerreichbarkeit“ dieser verheirateten Männer ermöglichen Ihr nämlich, sich nicht wirklich einlassen zu müssen und innere Distanz zu halten, was Ihr Verletzungen in Beziehungen erspart.

Das ist der verdeckte „Sinn“ des Bindungsmusters, dass Sie von Ihren Eltern gelernt hat. Aber das war ihr nicht bewusst, weil sie eine ganz andere bewusste Beziehungsabsicht hatte. Das ans Licht zu holen half dieser Klientin, Ihre Beziehungen in einem ganz anderen Licht zu sehen, sich selbst besser zu verstehen und sich selbst anders zu verhalten. Selbstwirksamkeit, mein Lieblingsprinzip, braucht als Grundlage Selbstkompetenz. Wir brauchen ein inneres Warum, wenn wir etwas in unserem Leben verändern wollen! Wir müssen uns selbst verstehen, denn nichts in uns passiert einfach so, ohne jeden Sinn und Zusammenhang. Und ich finde es wunderbar, diese Prozesse unterstützen und begleiten zu dürfen.

Und das ist mein Wunsch für Dich Weck den König und die Königin in Dir! Es ist nie zu spät dafür! Das ist das wunderbare in unserem Leben. Wir müssen nicht im Alten hängenbleiben, wir können etwas verändern, und dass Du diesen Podcast hörst, ist das Zeichen dass Du das tust!

Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute auf diesem Weg zu Dir selbst. Und wenn Du Dir dafür meine Unterstützung wünschst in Form von einem individuellen Coaching oder einer Beratung, wenn Du Deine Beziehungsmuster erkennen und verändern möchtest, dann vereinbare gerne Dein persönliches 30 min Kennenlerngespräch über das Kontaktformular.

Einen weiteren Artikel zum Thema „Emotionale Abhängigkeit findest Du hier.

Alles Gute, bis zum nächsten Mal, Deine Claudia

 


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